So fangen lustige Geschichten an!

Womit soll ich nur beginnen? Vielleicht hiermit. Es ist rat-tig kalt. Nach einem perfekten Dinner am Lagerfeuer und einem Glas vorzüglichem Chenin Blanc habe ich es mir inzwischen in unserem komfortablen Hauszelt gemütlich gemacht, das ich mit Linda teile. Eine gute Fee hat während des Abendessens eine Wärmflasche ins Bett gelegt, wie nett! “Amerikanische Gäste wollen immer schriftlich bestätigt bekommen, dass die Unterkünfte klimatisiert sind!”, sagt Corina und lacht schelmisch, als sie ergänzt: „Ich schreibe dann gerne zurück, dass ich dafür sorge, dass es, wo nötig, Zentralheizung und Wärmflaschen gibt!” Afrika verbinden wir gedanklich immer mit Hitze, aber hier im Hochland von Serengeti und ganz besonders Ngorongoro wird es um diese Jahreszeit bitterkalt, um jetzt nicht empfindlich kalt zu sagen (meine Gäste aus dem November letzten Jahres können ein Lied davon singen), sobald die Sonne untergeht.

Zurück im Hier und Jetzt weiß ich noch immer nicht, wo ich beginnen soll. Wir waren am Klein’s Gate, einem Zugang im Nordosten der Serengeti, die ersten einfahrenden ausländischen Gäste seit drei Monaten und wir haben in drei Tagen Serengeti nicht ein einziges anderes Fahrzeug mit Touristen getroffen. Einige Einheimische waren unterwegs, Studenten in großen Bussen, Volontäre, Lodgebesitzer auf dem Weg zu ihren Camps, das „Serengeti live Show“-Filmteam treffen wir mehrfach. Aber andere Gäste? Nicht ein Fahrzeug. Nicht ein einziges! Für uns ist es natürlich cool, wir haben alle Raubkatzen-Sichtungen für uns alleine und treffen im Visitor Center und am Picknickplatz nicht eine andere Nase. “Allein, allein….”, trällert Linda. Wie wahr: wir sind allein!

“Schau, ein verbotener Vogel!”, ruft Andreas, zeigt auf einen Bienenfresser und guckt mich böse an. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass wir auf dieser Reise schon X Bienenfresser gesehen haben. Wenn einer im Fahrzeug ambitionierter Ornithologe ist und alle anderen nicht, dann kann das anstrengend sein auf Safari! „Ist das ein Drei-Farben-Glanzstar?“ fragt Linda, um die Situation zu retten und zeigt auf ein bläulich schimmerndes Vögelchen. Ich muss grinsen und erkläre, dass man einen Drei-Farben-Glanzstar zum Beispiel daran erkennen kann, dass er dreifarbig ist. „Sag‘ ich doch, SENDUNG MIT DER MAUS!“, erwidert Linda während Corina laut „Simba!“ ruft. „Das war Kisuaheli!“, trällert Linda spitzbübisch, wir müssen alle lachen, vergessen den Bienenfresser und bewundern stattdessen die Löwin.

Ich kenne viele gute Safari-Plätze in vielen Ländern Afrikas, aber aus meiner Sicht gibt es keinen besseren Ort für Pirschfahrten als Seronera in der zentralen Serengeti. Am gleichnamigen Fluss ist immer Action, Seronera hält immer wieder Überraschungen bereit. Es passiert immer das, was man nicht erwartet.

Wir verbringen den ganzen Vormittag damit, eine Löwenjagd zu beobachten. Es ist immer wieder spannend zu erleben, wie sie Formation aufnehmen und dabei den Wind und die potentiellen Opfer im Blick haben. Eine riesige Zebraherde grast friedlich in der Morgensonne und scheint nicht zu ahnen, in welcher Gefahr sie sich befindet. Wir sind im Bilde: besagte Löwin übernimmt die Position auf dem Flügel in der Rolle der Treiberin und der Rest des Rudels wartet auf der anderen Flanke sowie bei den Kopjes, einer natürlichen Barriere aus großen Granitfelsen. Nach einiger Zeit aber macht eine Löwin einen Fehler, die Zebras entdecken sie und ohne das Überraschungsmoment auf ihrer Seite haben die Raubkatzen keine Chance. Mehr Glück beim nächsten Mal! Und wir suchen erst einmal einen geeigneten Platz für unser Buschfrühstück auf. Im Grunde meines Herzens bin ich froh – ich will gewiss kein Zebra vor meinen Augen sterben sehen.

Da der ausgewiesene Picknickplatz nur weniger als 500 Meter vom letzten uns bekannten Aufenthaltsort des Hauptrudels entfernt liegt, essen wir zwar entspannt, aber mit Umsicht. „Ist doch cool, dass wir einfach ein Käsebrot auspacken können und nicht um jede Mahlzeit so ein Theater machen müssen!“, sagt Linda und macht uns Kaffee.

Die letzte Nacht haben wir im Hippo Trails Camp verbracht, einem toll aufgemachten Zeltcamp meiner Lieblingskette Bougainvillea. Der Inhaber hat sich von ganz unten mit Fleiß und Intelligenz hoch gearbeitet, kennt also die andere Seite, geht toll mit seinem Staff um, und das merken die Gäste. Kleines Beispiel gefällig? Andreas und Linda sind mit Wilson abends nochmal rausgefahren. Ich habe so dies und das zu erledigen, vor allem Gedanken sortieren, bestelle mir ein Bier und Silas, der Barmann fragt mich nach Snacks dazu. Ich bin begeistert und bitte um Crisps. Die sind aus. (Kein Wunder, sie haben kaum Vorräte hier, es gibt ja keine Gäste) Popcorn? Nein. Nüsse? Äh, nein. Er sagt, er habe Ingwerkekse. Kekse zu Bier mag Maren nicht, also lächele ich ihm zu und winke ab. Silas verschwindet, taucht nach einer halben Stunde wieder auf und strahlt mich an. In der Hand hält er ein Schälchen mit in Scheiben geschnittenen und mit Öl angebratenen Kartoffeln. Kross und salzig – Chips! Nennt mir nur einen Laden in Deutschland, der zu dieser Transferleistung fähig und oder willens gewesen wäre. Silas, du bist ein Superstar!

Dieses Camp liegt also an einem Flusslauf, weit ab von anderen Camps, und im Fluss leben Hippos. Als wir am Feuer sitzen, fangen die schweren Kolosse lauthals an zu plaudern und im Stockfinsteren ist das Linda, unserem Safari-Küken, deutlich unheimlich. Ich habe ein eigenes Zelt bekommen, weil sie keine TWIN-Betten haben, also muss Lunda da durch: Alleine und ausgeliefert, verraten und verkauft. Ich gestehe, dass es wirklich eine harte Prüfung ist, denn hier läuft echt jeder Serengeti-Bewohner durchs Camp. Ich höre nachts auf jeden Fall Löwen, Impalas und natürlich die Hippos, die in der Morgendämmerung zum grasen aus dem Fluss klettern. 4:57 Uhr war‘s als eines über meine Veranda gelatscht ist. Das wackelt dann schon mal und die Wände beben. Ich fand’s aufregend. Für die arme Linda war die Nacht bereits um drei vorbei, wie sie beim Frühstück berichtet.

Auf der Suche nach einem passablen Weg zu einem möglichen Leoparden-Baum kommen wir in unwegsames Gelände. Es hatte im Februar so wahnsinnig viel geregnet, und viele Pisten in der Serengeti sind noch nicht wieder in Schuss. Wilson zögert, nimmt Maß, steigt aus, überlegt und gibt Gas. Doch so richtig will’s nicht klappen und er setzt wieder zurück. „So fangen lustige Geschichten an!“, sagt Corina warnend und weil uns kein Mensch rausziehen kann – ist ja keiner da – lassen wir den Leo lieber in Ruhe und steuern langsam Ngorongoro an, wo wir nachmittags einen Termin in der Olduvai-Schlucht haben. Das Museum hier bei der vermeintlichen „Wiege der Menschheit“ ist phänomenal in Schuss und unser Guide sehr kenntnisreich und gebildet, studiert in Dar es Salaam und zurückgekehrt in seine Heimat. Auch hier gibt’s natürlich keine Gäste. Der letzte internationale Eintrag im Gästebuch vor uns datiert aus März. Als er spitz kriegt, dass ich von Abenteuer Tansania bin und Andreas von Studiosus, ist die arme Linda abgemeldet. „Toll, ich bin die einzige hier, die ihm zuhört, aber wenn ihr Fotos macht spricht er einfach nicht weiter.“ „Wo ist Andreas?“, fragt er nur. „Danke auch!“

Das ist wirklich, wirklich lustig. Arme Linda. Wir lachen uns kaputt.

Was nun folgt ist für mich ein Highlight der Reise, denn wir fahren aus der Serengeti kommend den Kraterrand hinauf. Die Landschaft ist von atemberaubender Schönheit, wie aus einem Land vor unserer Zeit. Hier und da zupfen Giraffen an den Blättern der Schirmakzien, Maasai in farbenfroher, traditioneller Kleidung ziehen mit ihren Viehherden durchs Land und geradeaus erhebt sich das massive Hochland mit seinen Kraterwänden und Höhenzügen. Ich habe die Fahrt gefilmt und zeige später mehr. Mit jedem Meter nach oben wird es kälter und im Blick zurück liegt uns das Great Rift Valley zu Füßen.

Wir erreichen unser Camp für die Nacht mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages. Pakulala ist das einzige Tented Camp am Rim mit Blick hinein in den Krater. Frisch ist es, wir nehmen am Feuer Platz und Corina serviert uns zur Feier des Tages und der wunderbaren Zeit, die wir miteinander verbringen, einen Glühwein. „Wie jetzt, ich soll den Rotwein im Topf erhitzen?” Die Restaurantchefin des Camps versteht die Welt nicht mehr. Und Gewürze zufügen? Orangenscheiben??? Ich bin sicher die denkt, die Deutschen spinnen.

Als ich zum Feuer gehen wollte tobte übrigens eine Gruppe von vier Zebras durchs Camp und begann vor dem Dinnerzelt zu grasen. Auch das habe ich gefilmt. Folgt alles…. wie auch Bilder!

Bildergalerie aktualisiert am 20.07.

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