„Dieser Ort heißt Bububu, weil die Eisenbahn früher bis hierher fuhr. Sie verband die beiden Paläste, also das heutige House of Wonders in der Stadt und die Residenz auf dem Land.“
Ich habe anscheinend deutlich sichtbare imaginäre Fragezeichen im Gesicht.
„Na, Prinzessin Salme, Du weißt schon!“ erklärt Corina also, als wir für unsere Hotelbesichtigungstour auf der Insel Sansibar von Stone Town gen Norden fahren. „Schau mal, da kannst Du noch Reste der Bahnstrecke sehen. Alles andere ist längst als Trägermaterial in Häusern verbaut!“
„Schon klar mit der Prinzessin!“ antworte ich. „Aber… der kausale Zusammenhang erschließt sich mir gerade trotzdem nicht. Warum Bububu?“
Corina grinst, wie nur sie es kann, wirklich von einem Ohr zum anderen und schaut mich an: „Na, die Dampflok macht doch Bu-Bu-Bu, oder?“ Jetzt muss ich kichern. Die Zanzibaris sind so süß! Alles wird verniedlicht und doch irgendwie treffsicher auf den Punkt gebracht. Bububu. Ist doch klar!
„Jetzt hast Du schon alles gesehen, nur noch kein Gnu!“ sagt Silke zu Kim, und das ist echt witzig!
Unser Küken Kim, das erste Mal auf Safari, das erste Mal in Afrika, ist ein Glückskind. Leoparden, Löwen, sogar ein Nashorn in Seronera – was eine kleine Sensation ist – Büffel, Elefanten, Schildkröten, Mistkäfer bei ihrer lustigen Beschäftigung, Geparde in Jagdformation und heute Abend sogar noch Löwen mit frischem Riss. Das alles hat die Serengeti uns in nur drei Tagen geboten, doch bisher tatsächlich kein einziges Gnu, wo sie doch gerade für diese Rasse so weltberühmt ist!
Die üblichen Novemberregen waren letztes Jahr ausgefallen und die anhaltende Trockenheit hat die Ankunft der „Great Migration“ mit ihren Millionen Gnus in der Region NDUTU um gute 14 Tage verzögert. Inzwischen scheint sich aber wohl wirklich jedes Gnu dort eingefunden zu haben, denn von Januar bis Februar machen die riesigen Herden dort Station, wo die mineralstoffhaltigen Böden die werdenden Mamas mit allem versorgt, was es für beste Muttermilch braucht. Wir werden morgen sehen, wie weit die Geburtensaison inzwischen fortgeschritten ist, denn Ndutu ist unsere nächste Station auf dieser Reise. Ich freue mich schon auf Hunderttausende Babygnus und -Zebras.
„Als wenn er sagen will: Soll ich nochmal, oder haste es mit Deiner Kamera jetzt endlich hingekriegt?“ sage ich zu Stephan und muss lachen.
“Karibu Nyumbani!“ sagt der Immigration Officer mit dem schönen Namen SILVESTER bei Einreise und lächelt mich warm an, während er meinen Reisepass für den obligatorischen Stempel durchblättert und auf der Suche nach freien Seiten etliche vorherige Zeugnisse meiner Vergangenheit mit diesem Land erblickt. „Willkommen zu Hause!“
„Und jetzt: Daumen biiitte“ fordert er mich stolz auf Deutsch auf. „Und jetzt linke Hand ganz!“ Ich folge den Anweisungen, während er mir mitteilt, dass er mehr Deutsch lernen möchte, um die Gäste gebührend willkommen zu heissen. Herzerwärmend. For this is Africa.
Unsere Unterkunft für die kommenden zwei Nächte liegt zwischen Usariver und Momella und ist ein großes freistehendes Haus mit zwei Schlafzimmern, weiteren Schlafmöglichkeiten im offenen Obergeschoss und uriger Wohnküche. Wie immer werden wir kulinarisch aufs Beste verwöhnt und genießen die Abgeschiedenheit auf dem Land. Die Maracujas für den Spritzer Frucht im G&T sammeln wir selbst im Garten auf während zwei neugierige Buschbabys Gesellschaft leisten.
Gastgeberin BARBARA ist eine tolle Frau. Schweizerin, einst geboren als Tochter eines Arztes im Kongo, hat sie den Großteil ihres Lebens in Afrika verbracht. Wenn sie aus dem Kongo erzählt (meinem Traumziel Nummer 1) hänge ich an ihren Lippen und stimme direkt zu, als sie eine gemeinsame Kanu-Tour durch ihre alte Heimat vorschlägt. Ich hoffe, es wird eines Tages Wirklichkeit und war nicht nur dahingesagt.
“Jetzt komm schon, Du zierst Dich doch sonst nicht so, wenn ich TANSANIA sage” hatte er kurz nach Weihnachten gesagt. “TANSANIIIIIAAA. SERENGEEETII!”
Und so hat mein Kumpel Mirko diesmal doch beinahe eine Woche gebraucht, bis er mich weichgekocht hatte. Denn eigentlich gibt es keinen Grund für diese Reise. Meine Bloggerei der letzten zwei Jahre hat ihren Zweck erfüllt. Die Buchungseingänge sind gut, unsere Leute vor Ort stehen endlich vor einem Jahr mit guter Arbeit in Aussicht, die es ihnen ermöglichen wird, ihr Leben – und das der ganzen Familie – wieder selbst zu finanzieren. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir es in einem gemeinsamen Kraftakt wirklich geschafft haben, dieser Pandemie und ihren ganz besonders hier in Afrika so lebensverändernd-bedrohlichen Auswirkungen die Stirn zu bieten.
Heute mal anders – falls Ihr‘s mir nicht glaubt 😉 – come to Tanzania!
Fragen? -> maren@abenteuer-tansania.de
Hallo Maren, oh je ich wollte Dir schon lange geschrieben haben. Bereits am Kilimandscharo Airport hatte ich den Gedanken, aber dann fiel mir ein, dass du selbst noch in Tansania unterwegs bist;). Ich hoffe, auch Du hattest eine schöne Reise. Vermutlich bist Du nun auch wieder zurück. Unsere vier Tage mit Karim waren unbeschreiblich schön. Der Abschied fiel dementsprechend schwer. Bei meinem Großen sind sogar Tränen geflossen nachdem Karim weg war. Ein ganz besonderer Mensch. Er hat uns so viel gezeigt. Und wusste einfach über alles Bescheid. Kannte jeden Baum, jeden Vogel, jedes Tier, die Kultur, über das Land an sich. Wir haben so viel gelernt und gesehen. Wir sind rundum glücklich zufrieden. Auch auf die Kinder ist Karim so toll eingegangen. Wenn Per (der Jüngere) dann doch mal etwas ungeduldig wurde, hat er sich mit ihm über die neuesten Fußballergebnisse ausgetauscht und uns somit noch ein wenig Zeit auf Safari verschafft. Dies ist nur ein Beispiel von vielen;). Wirklich ein unfassbar guter Guide. Wir möchten gern im Februar 2023 wieder kommen und in die Serengeti fahren. Wobei die Kinder extra betont haben, dass sie nur mitkommen, wenn Karim mit dabei ist. Wenn wir an ihn denken, sind wir jedes Mal traurig, dass wir ihn im Moment so gar nicht mehr um uns haben können. Auch Dir danken wir für die gute Organisation der Reise! Und mir hat es überhaupt nicht weh getan, dass ich mich mal um nichts kümmern musste. Es war perfekt! Viele liebe Grüße, Katrin&Familie
„Das ist jetzt nicht Dein Ernst“, sagt Stephan mit spöttisch-vorwurfsvollem Unterton. „In Anlage 4 Absatz 3 des Reisevertrags steht, dass es täglich um neun Uhr losgeht und, nebenbei gesagt, überhaupt gar nichts von irgendwelchen Abfahrten vor Sonnenaufgang!“ Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Bierernst schaut er mich an und bekräftigt mit einem abschließenden Augenzwinkern: „Wenn man Dinge nur oft genug wiederholt, dann wird es irgendwann zur Wahrheit, so läuft das doch, oder?“
Auf dieser Safari erleben meine lieben Gäste keinen einzigen Sonnenaufgang im Bett, denn spätestens um sechs in der Frühe rollen wir schon. Frühstücksboxen haben wir täglich geladen, einen Kaffee samt Muffin o.ä. vor dem Start gestehe ich aber natürlich jedem zu – muss man halt schon gegen 5:30 an der Bar sein.
Hier am Äquator geht die Sonne ganzjährig morgens um 6:30 auf und abends um 6:30 unter. Die allerschönste Zeit auf Pirsch beginnt mit der Verfärbung des Horizonts eine gute halbe Stunde bevor JUA (= Suaheli für Sonne) in nur wenigen Minuten auftaucht und in kürzester Zeit schon hoch am Himmel steht. Und so holpern wir erwartungsfroh Tag für Tag dick eingemümmelt in Daunenjacken und Decken mit den LandCruisern über Buckelpisten durch den erwachenden Morgen der afrikanischen Wunderwelt.
Halbstarke Gnukälber rufen allerorts nach ihren Müttern und immer, wenn sich zwei wiederfinden, hüpft mein Herz vor Freude. Glaubt es mir, Gnu-Mamas können sehr vorwurfsvolle Gesichtsausdrücke zeigen! In diesen riesigen Herden mit Hunderttausenden von Tieren dürfte es nicht so einfach sein, immer beieinander zu bleiben, vor allem, wenn man als vorwitziger Sprössling die Welt entdecken will. Übrigens, Stichwort 100.000. Ich habe ja keine Ahnung von Mathematik, aber mit den im letzten Beitrag erwähnten 100.000 Gnus bei einer Querung dürfte ich bei genauerer Betrachtung wohl doch etwas daneben gelegen haben, denn das würde bei 20 Minuten Dauer bedeuten, dass sich 80 Tiere pro Sekunde den Abhang hinabgestürzt hätten. Lassen wir’s vielleicht eher 20.000 gewesen sein, aber es spielt letztlich auch keine Rolle. Es sind unzählbar viele, 360-Grad-rundum sehe ich nichts als schwarze Punkte auf grünem Grund. Und hinter jeder Kuppe geht es immer nur noch weiter. Das ist sie, die berühmte Große Tierwanderung, THE GREAT MIGRATION, und wir sind mittendrin.
„Daraus wird also Tequila gemacht“, sagt Uwe grinsend und zeigt auf das bunte Reptil.
„AGAME!“ antworte ich, mit „M“. „Nicht AGAVE!“.
Nachdem es in den letzten Wochen recht viel geregnet hat ist die Mara-Region der Serengeti nun grün und voller Gnus und Zebras. Ich habe ja schon viel gesehen, aber hier sind weit mehr als eine Million Tiere. Es sind auch mehr Autos unterwegs als in letzten Jahr, aber außer am Airstrip begegnen wir nur selten anderen Leuten.
Meine Gäste haben keine Ahnung davon, was es bedeutet, auf ein „Crossing“ – so nennt man es, wenn die Gnus und Zebras den Mara-Fluss überqueren – zu warten. Hier sind so unglaublich viele Tiere unterwegs, dass diese Querungen mehr oder weniger am laufenden Band passieren und wir nur der spritzenden Gischt zu folgen brauchen.
„Haraka Haraka!“ ruft Amini, legt den Gang ein und brettert los. Es ist früher Morgen, die Sonne bricht sich so eben Bahn und eine gewaltige Staubwolke weist uns den Weg hinunter zum Fluss. Im diffusen Licht des silbrigen Vollmonds und der aufgehenden Sonne stehen wir mit unseren drei Fahrzeugen allein am Ufer und werden Zeuge dieses aus dem Fernsehen bekannten Schauspiels, als sich nicht weniger als 100.000 Tiere in die Fluten stürzen. 20 Minuten dauert dieses Crossing und zu meiner größten Freude muss ich nicht mit ansehen, wie ein Krokodil zuschnappt. Ich meine, wenn man drei Tage im August hier ist und gar kein Crossing sieht, dann hat man schon echt Pech, aber man sieht es ganz gewiss nicht immer so.
Unser Camp haben wir exklusiv für uns, es liegt auf einem Hügel oberhalb des Flusses und ist umgeben von Gnus und Antilopen, die sich die ganze Nacht lang lauthals unterhalten. Das ist besser als jedes Hörbuch.
„Ein Tansanier, der etwas auf sich hält, muss im Leben ein Haus in seiner Heimat bauen!“ sagt Corina, als wir die Pare-Berge ansteuern. Dort, in einem Dorf namens Usangi, ist ihr Mann Seif geboren und zur Grundschule gegangen und meine Freunde haben die seltsam ruhige Zeit der Pandemie genutzt, um diesen Herzenswunsch Seifs endlich zu erfüllen und das kleine Häuschen fertigzustellen.
Diese Gegend im Grenzgebiet zu Kenia östlich des Kilimandscharo ist vom Tourismus vollkommen unberührt. Die berühmten Nationalparks sind weit weg, hier gibt es auch keine wilden Tiere. Stattdessen erleben wir das wahre Afrika mit seinen so umwerfend freundlichen Menschen, bunten Märkten und dieses nur scheinbare Chaos in den Dörfern, wo aber doch jeder und alles einem Plan zu folgen scheint, der sich dem Besucher auf den ersten Blick nicht erschließen will. Wer kauft all diese Tomaten und Zwiebeln? – frage ich mich, als wir Kilometer um Kilometer Buden am Straßenrand passieren, wo bunt gekleidete Mamas (das ist die höfliche Anrede für eine Frau im Tansania) geduldig hinter ihren Auslagen sitzen und auf Kundschaft warten.
Die Gegend ist regenreich und fruchtbar, das Land ernährt seine Bevölkerung. Auf dem Markt gibt es einfach alles: Früchte, Gemüse, sogar Fisch, Schuhe, Zahnpasta, Töpfe… laute Musik schallt aus dröhnenden Lautsprechern und weil wir hier eine Attraktion sind, sind wir es, die kichernd fotografiert werden. Nie ungefragt, übrigens.
„Den lasse ich doch nicht ins BÜRO liefern, dann kriegen es ja alle mit!“ sagt sie und gackert laut. „Spielt keine Rolle, Corina, das erzähle ich sowieso jedem, dass ich für Dich einen Staubsauger mit nach Tansania schleppe!“
Die schwäbische Hausfrauenseele meiner lieben Corina, die seit vielen Jahren in Afrika lebt und all unsere Reisen vor Ort arrangiert, begehrt ein ordentliches neues Gerät für ihre fertiggestellte Ferienvilla in Usangi. „Gibt’s da kein Amazon?“ will Mirko -der schon ganz oft mit mir in Afrika war und niemals genug von Serengeti&Co bekommen kann- von mir wissen, ahnend, dass er es sein wird, der den Karton bis zum Flughafen schleppen muss. „Sag Corina, dafür hätte ich gerne ein eisgekühltes Bier im Auto, wenn wir gelandet sind!“ ruft er mir mit spöttischem Unterton zu. Das mache ich doch glatt.
Natürlich hat der ICE 577 Verspätung und natürlich hält er heute nicht am Flughafen! Was soll’s, wir haben ja neben dem Staubsauger nur 2 Laptops, meine Fotoausrüstung, 3 Koffer mit unseren Klamotten und allerlei Geschenken für etliche tansanische Freunde zu schleppen. Vier Kilo Käse für Corina, nicht zu vergessen! Mein traditionelles Gastgeschenk, denn sie stirbt dafür, und in Tansania gibt es maximal Cheddar oder ähnlich gummiartige Sorten zu kaufen, anderes kennt man dort einfach nicht.
Nun fliegen wir also voraus, ich schaue mir die neue Kilaweni-Villa an und am 20.8. abends beginnt eine neue, aufregende Safari. Mit „richtigen“ Gästen, man glaubt es kaum! Schon beim Zusammenstellen der Reiseleitermappe kam ich mir beinahe verwegen vor. Über zwei Jahre ist mein letzter Einsatz her, und noch immer steht die Reisewelt Kopf. Tansania verlangt – geimpft oder nicht – einen bei Einreise maximal 72 Stunden alten PCR-Test, zusätzlich wird bei Ankunft noch ein Rapid-Test für 25 USD fällig. Es ist ja richtig so, aber ganz so spannend brauch ich’s eigentlich nicht… 😉 – Immer mal wieder schlich sich in den letzten Tagen ein unangenehmer Gedanke in mein Bewusstsein: Was machst Du eigentlich, wenn dieses Ergebnis….?
„Your Ethiopian Airlines Flight ET 707 to Addis Abeba is now ready for boarding…“
Heute erhielt ich eine Email vom stellvertretenden Schulleiter des Schiller-Gymnasiums in Hameln, meiner alten Penne. Ob ich etwas beitragen könnte, Schulleiter Andreas Jungnitz werde dieser Tage in den Ruhestand verabschiedet. Und wie ich das kann! Da gehen doch direkt diverse Schubladen in den Tiefen meiner Erinnerung auf! Israelfahrt 1995 zum Beispiel – unvergessen, unsere Darbietung einer Szene aus OTHELLO im Theater von Akkon unter seiner Leitung. (Aber davon gibt es meines Wissens keine Fotos ;-)) Auf der Suche nach mehr Anekdoten von dieser ganz besonderen Studienfahrt habe ich doch tatsächlich etliche alte Reisetagebücher wiedergefunden und mich heute Morgen köstlich amüsiert, denn die habe ich sicher zehn Jahre nicht in der Hand gehabt.
Diese Bloggerei war pünktlich zur Weltreise 2017 also nichts so furchtbar Neues für mich, nur das Medium war ein anderes. Geschrieben habe ich schon immer. Zum Beispiel sämtliche Texte in Jahrbüchern und Abizeitung zu meinen Kursen und darüberhinaus mit Vorliebe Kurzgeschichten zu allen möglichen Themen… Vielleicht warst Du, werte(r) Leser*in auf meinem 20. Geburtstag in Hannover und erinnerst Dich an die schriftliche Einladung? Die Wegbeschreibung hatte ich in eine ziemlich absurde Geschichte verpackt, und man musste sie leider leider in Gänze lesen, wollte man eine Chance haben herauskriegen, wo ich hingezogen war… Anyway, es sind alle gekommen, aber ich musste mir so einiges anhören, wie zum Beispiel: „Normale Leute schreiben einfach die Adresse hin, Maren!“