Nachdem wir von Drumheller knappe 400 km mehr oder weniger geradeaus gefahren sind, entdecke ich den Wegweiser zur Ranch eher zufällig am Straßenrand. Denn Googlemaps sieht sie an einem anderen Ort, jenseits des Highways. Sollen wir wirklich diese 13 km lange Schotterpiste nehmen? Wo Google doch eindeutig…. Quatsch, weshalb sollen die hier ein Schild hinstellen, wenn es nicht wahr ist?! Also, los. Nach den ersten fünf Kilometern wird mir klar, warum hier alle Leute diese riesigen Pick Ups fahren, aber unser Mitsubishi schlägt sich tapfer. Um uns herum nichts als Farmland soweit das Auge reicht. Aber wo ist die unberührte Prärie? Sind wir hier wirklich richtig? Als ich schon nicht mehr daran glaube, folgt ein weiterer Wegweiser und durch ein großes Tor und über ein Cattle Grid erreichen wir schließlich das Ranch-Territorium. Jetzt also links ab zum Gästehaus, alles klar. Auf dem Weg hinunter zum Fluss begegnen wir zum ersten Mal den friedlich grasenden Pferden, und nach einer – mit unserem Auto – etwas abenteuerlichen Abfahrt liegt die Ranch auf einmal direkt vor unseren Augen.
Es ist drei Uhr und es ist brütend heiss. Zwei freundliche Hunde sagen „Hallo“ aber hier ist keine Menschenseele weit und breit zu sehen. Rezeption? Äh, nein. Mir wird schnell klar, dass das hier kein durchorganisierter Touristenschuppen ist. Im Saloon finden wir einen Kühlschrank mit kaltem Bier und greifen zu. Nach einer Weile kommt von weitem ein Cowboy daher und lacht mich freundlich an. „Hi, my Name ist George, how are you?“ Well, sage ich, gut soweit aber ein bisschen müde und, by the way, great to see you. Wir beziehen unsere geräumige „Cabin“ aus Holz und das erste, was mir auffällt, ist die fehlende Klimaanlage. „Air Con?“, schaut mich George staunend an „Europäer mögen doch gar keine Air Condition und du bist jetzt im Westen, so etwas haben wir hier nicht.“ Ebensowenig wie ein Telefonnetz oder gar Wifi. Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch kein Auge für die wundervolle Landschaft, zu zivilisationsgeschädigt ist mein Bewusstsein. Wie soll ich hier bloß schlafen können? Die Bude ist innen drin kochend heiß, viel heißer noch, als es draußen ist.
Immerhin ist die Dusche herrlich kühl und als wir so auf unserer Veranda sitzen und der aufkommende Abendwind Abkühlung bringt, ist mir schell klar, dass dies hier ein Paradies für mich sein kann, aber nicht für meinen sich nicht für Pferde interessierenden Abi. Wir erfahren, dass es im wenige Meilen entfernten Hauptgebäude stabiles Wifi gibt, satteln den Mitsubishi und buchen für Abi ein Hotelzimmer im „nur“ 250 km entfernten Nachbarort Regina für die kommenden zwei Nächte.
Beim leckeren Abendessen am großen Tisch lernen wir den Rest der Truppe kennen: Cowboy George ist offenbar der Eigentümer und Boss über 130 Rinder, 24 Pferde und das weite Land. Grace ist unsere Köchin, erst seit einer Woche hier und kommt auch aus Saskachewan. Maribel ist Deutsche, lebt aber in Neuseeland und jobbt hier zur Zeit als Cowgirl. Madelaine kommt auch aus Deutschland und kümmert sich um die Pferde, um die Ausritte und vieles mehr. Der einzige weitere Gast ist Maria, ebenfalls Deutsche, die in der Hauptstadt eines osteuropäischen Staates für den deutschen Botschafter arbeitet. Ab Samstag, wenn wir abreisen, wird die Ranch wieder ausgebucht sein, das heißt um die 15 Gäste werden erwartet. Wie schön, dass wir diese ruhige Woche erwischt haben.
Ich erfahre, wie der morgige Tag abläuft: neun Uhr Frühstück, später treibt George die Herde in den Hof, wir suchen mir ein Pferd aus und auf geht’s zu einem gemeinsamen Ritt mit Madeleine, Maribel und Maria über das weite Gelände, Mittagsschläfchen am Flussufer inklusive. „Ich gebe Euch ein spitzenmässiges Lunchpaket mit“, ruft Grace.
Es ist 21 Uhr, die Sonne geht unter und in der Ferne auf dem Hügelkamm sehe ich die Herde im schwindenden Licht friedlich grasen. Plötzlich hebt sich ein Pferdekopf und das Tier lässt den Blick schweifen. Was für eine atemberaubende Silhouette. „This truely is an amazing place!“, sage ich zu George, der mit einem breiten Lächeln antwortet: „Thanks“.
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