Heute morgen legt der Kapitän in der engen Bucht von Vaipaee ein spektakuläres Manöver hin. Wir fahren zunächst ein Stück weit in die Bucht hinein und werfen dann den Anker. Nun dreht das Schiff auf der Stelle um 180 Grad, weil wir hier später rückwärts nicht wieder herauskommen würden. Als wir querab sind, scheinen wir die volle Breite der Bucht auszunutzen und ich kann beinahe die Felsen berühren. Oben auf dem Bergkamm sind meckernde Ziegen neugierige Beobachter des seltsamen Geschehens.
Als die Drehung vollendet ist, gilt es das Schiff zu fixieren. Hierzu fahren jeweils zwei Seeleute mit einem kleinen Boot an die Felswand heran und ein mutiger Mann springt mit dem Tau in der Hand auf den schmalen, steinernen Streifen Lands, wo das Schiff an einem mächtigen Poller festgemacht wird. Hohe Wellen drücken in die Bucht hinein und das kleine Boot tanzt meterhoch und wieder herunter. Hier den richtigen Absprung zu finden und dabei das schwere Tau fest in der Hand zu behalten ist heikel und nötigt mir vollsten Respekt ab.
Wie schwierig das wirklich war, davon kriege ich eine Vorstellung als wir um 7:45 Uhr die Barge an Land betreten. Im Wellental liegt sie gut und gerne einen Meter unter dem Ausstieg, dann auf Einstiegshöhe einen Meter drüber. Jeweils zwei Seemänner an Bord des Schiffs nehmen uns Passagiere einzeln rechts und links unter die Arme und werfen uns im rechten Moment förmlich in die Arme zweier Seeleute auf der Barge, die uns sicher auffangen. Ganz schön abenteuerlich!
Unser erstes Ziel heute ist ein botanischer Garten, den ich mir aber schenke und stattdessen ein bisschen spazieren gehe. Für das Wissen um die Heilkraft und die Verwendungsmöglichkeiten von Pflanzen konnte ich mich noch nie begeistern und Pflanzen sind auch immer schon mein wunder Punkt bei Stadt-Land-Fluss.
Diese Insel unterscheidet sich von den anderen Marquesas, sieht ganz anders aus, nämlich vor allem erst einmal flacher. Und weil sie flacher ist, regnen sich die Wolken nicht so häufig über ihr ab, was wiederum zu einer anderen Vegetation führt. Statt dichten Dschungelwaldes gibt’s hier schon ab etwa 150 Höhenmetern weite Grasebenen, auf denen sich wilde Pferde und Ziegen tummeln. Deswegen wird Ua Huka auch die Pferdeinsel genannt. Ich habe diese Insel ganz besonders ins Herz geschlossen! Die sanften, grünen Hügel mit den wilden Tieren als Farbtupfer und die rauhe Küste mit ihren vielen Klippen erinnern jetzt noch deutlicher an Wales.
Ich sitze in der Verandabar als wir auslaufen, eine Herde Pferde grast friedlich auf dem Hochplateau und wehmütig sehe ich dieses kleine Paradies am Horizont immer kleiner werden, bis es ganz verschwunden ist.
Später widme ich mich Terrys faszinierendem Buch in der Skybar, die vorne und seitlich vollverglast ist. Hier ist in der Regel bei gutem Wetter kein Mensch und ich habe meine Ruhe.
Heute Abend ist Polynesische Nacht, wiederum am Pooldeck mit Buffet und Musik. Wir sitzen am Tisch mit schon lieb gewonnenen Menschen: einem englischen Ehepaar, das den Großteil seines Lebens in Afrika verbracht hat und jetzt bei Oxford lebt und die Wanderwege rund herum instand hält, einem immer lachenden, gemütlichen Ehepaar aus Victoria, Australien, und zwei Brüdern aus Australien, die dafür sorgen, dass der Rotwein nie zur Neige geht. Unser Tisch ist auf jeden Fall der lustigste an Bord.
Als mein angetüddelter Schatz schon längst in der Kabine verschwunden ist, fordert mich ein Seemann zum Tanz auf. Diese Polynesier saugen Takt und Rhythmus mit der Muttermilch auf und wir fliegen nur so übers Pooldeck, wobei ich versuche, neben meinem graziösen Tanzpartner nicht allzu dämlich auszusehen. Aber wieviel Spaß das macht! Nach ein paar Minuten habe ich jedoch leider keine Luft mehr und während die Musik noch lange weiterspielt, zieht es mich jetzt wie magisch in die Waagerechte. Rotwein, Seeluft und ein abenteuerlicher Tag fordern Tribut! Good Night everyone!