„Romms!“ macht es kurz hinter Dar Es Salaam. Und dann nochmal. Dann steht die Kiste still und schweigt beharrlich. Wir haben sozusagen ein Rad ab. Hinten rechts sind Schrauben in der Aufhängung gebrochen und liegen unterm Auto. Was dann passiert ist eben Afrika: in kürzester Zeit lungern 25 Kinder im Abstand von 10 Metern um uns herum und machen es sich erst einmal bequem. Da wird gekichert und gegrinst, aber auch auf ihre eigene Weise Mitgefühl ausgedrückt. In erster Linie sind wir aber eine Attraktion. Keine fünf Minuten dauert es, bis ein Mechaniker auf dem Fahrrad anrückt und sich an die Arbeit macht. Reifen runter, die ganze (Felge? Radlager? Na, das eben) wird aufgeschraubt und die Einzelteile werden am Straßenrand sortiert und gestapelt.
„Hakuna Matata, Maren, geht ganz schnell, ein paar Minuten!“ sagt mein Guide und Fahrer Rama (der, wie sich noch herausstellen wird, ein Superstar ist, dazu später mehr). Ein paar tansanische Minuten. Alles klar. Ich rechne vorsichtig mit 2 Stunden und das ist hart, denn ich habe seit 48 Stunden kaum geschlafen, mir ist heiss – hier am indischen Ozean sind irgendwas über 30 bei höchster Luftfeuchtigkeit – und es sind noch mindestens 4 Stunden reine Fahrzeit bis zur Lodge. Das geht ja gut los!
Wilson geht erst einmal Bananen holen, Schaulustige kommen und gehen, Tippgeber kommen und gehen. Die Schrauben sind hin. Die anderen passen nicht. Wir brauchen also 6 neue Schrauben. Während ich mich noch frage, wo wir die hier im Nirvana herkriegen sollen, fährt einer dieser großen und mit bunten Bildern und Sprüchen beklebten Busse an uns vorbei. Auf der Heckscheibe prangt in großen Buchstaben: Don’t panic! Das fasse ich als Friedensangebot aus der Galaxis auf und kann nicht umhin, laut zu lachen. Gäbe es das hier, hätten die Kinder rechts und links inzwischen Popcorn und Cola bei der Hand. Action!
Meine Gedanken wandern zurück zum Flughafen und den weißen, von Hand auszufüllenden Einreisekarten, die niemals jemand liest. Zu den riesigen Schildern überall, dass Plastiktüten restlos verboten sind. Ich schaue Marys Blumen an:
Hauptsache, eine Regel. Die natürlich über Nacht umzusetzen war. Au Mann, Afrika. Es gibt so viele Gründe, Dich zu lieben, aber manchmal könnte man Dich auch zum Mond schießen.
Es geht voran am Rad. Tatsächlich hat irgendwo irgendwie jemand exakt diese Schrauben aufgetrieben. „In Deutschland undenkbar!“ sagt einer meiner Gäste nicht zu Unrecht. Da hätte das Auto mindestens mal zwei Tage in der Werkstatt verbracht. Mit 1:45 h Verspätung rollen wir weiter, verlassen bald die Hauptstraße nach Mosambik und durchqueren das ländliche Tansania. Es ist wunderschön. Aber es ist auch immer noch absurd heiß und ich will aus meinen Klamotten. Ich… boah…. stinke nach undefinierbarem Flugzeugschweisshitzestrassenrandstaub.
Ich verbrenne mir später den linken Arm am offenen Fenster (bin zum ersten Mal in Afrika 😆) und lerne langsam aber sicher unseren Rama kennen. Ich mag ihn.
Wir erreichen die Lodge um 15 Uhr und sollen in 30 Minuten drei Dinge tun: Mittagessen, Zimmer beziehen, duschen und umziehen. Denn um halb vier soll unser Boot ablegen. You may assume: das geht nicht. Jetzt muss man wissen, dass tansanische Lodgemanager samt und sonders Plappermäuler sind. Ich bitte ihn, sich kurz zu fassen. Als er bei der Geschichte der Anlage ansetzt, falle ich ihm ins Wort, bitte um die Schlüssel und sage die Zeiten eben in Eigenregie an. Das Boot fährt später, Essen in 30 Minuten, WLAN gibt’s nicht (was die Sache erheeeblich beschleunigt) und tschüss. (Erstens, zweitens, drittens … 🙈) ein bisschen unfreundlich von mir, aber ich mache es wieder gut und mehr ist einfach gerade nicht drin.
Die Bootstour ist dann wunderschön. Die ersten Hippos der Reise im Abendlicht und ein kühles Bier machen allen Reisestress langsam vergessen. Morgen gehts um 6:30 los auf Pirschfahrt im Selous. Die Spannung steigt!