„Jetzt hast Du schon alles gesehen, nur noch kein Gnu!“ sagt Silke zu Kim, und das ist echt witzig!
Unser Küken Kim, das erste Mal auf Safari, das erste Mal in Afrika, ist ein Glückskind. Leoparden, Löwen, sogar ein Nashorn in Seronera – was eine kleine Sensation ist – Büffel, Elefanten, Schildkröten, Mistkäfer bei ihrer lustigen Beschäftigung, Geparde in Jagdformation und heute Abend sogar noch Löwen mit frischem Riss. Das alles hat die Serengeti uns in nur drei Tagen geboten, doch bisher tatsächlich kein einziges Gnu, wo sie doch gerade für diese Rasse so weltberühmt ist!
Die üblichen Novemberregen waren letztes Jahr ausgefallen und die anhaltende Trockenheit hat die Ankunft der „Great Migration“ mit ihren Millionen Gnus in der Region NDUTU um gute 14 Tage verzögert. Inzwischen scheint sich aber wohl wirklich jedes Gnu dort eingefunden zu haben, denn von Januar bis Februar machen die riesigen Herden dort Station, wo die mineralstoffhaltigen Böden die werdenden Mamas mit allem versorgt, was es für beste Muttermilch braucht. Wir werden morgen sehen, wie weit die Geburtensaison inzwischen fortgeschritten ist, denn Ndutu ist unsere nächste Station auf dieser Reise. Ich freue mich schon auf Hunderttausende Babygnus und -Zebras.
„Als wenn er sagen will: Soll ich nochmal, oder haste es mit Deiner Kamera jetzt endlich hingekriegt?“ sage ich zu Stephan und muss lachen.
Beinahe zwei Kilometer hatten wir die Leopardin schon verfolgt, als sie vernehmlich zu brüllen begann, einen Baum ansteuerte, mit wenigen eleganten Sätzen in spielerischer Leichtigkeit die Akazie erklomm und in der Astgabel Platz nahm. Kurze Zeit später stolzierte der vielleicht zweijährige Filius aus dem hohen Gras hervor, gesellte sich zur Mutter in den Baum und holte sich ein paar ausgiebige Schmuseeinheiten ab. Es schien ihn allerdings bald zu langweilen, und so sprang er zu unserer großen Freude gleich mehrfach den Baum hinab und wieder hinauf. Selbst ich habe jetzt ein scharfes Foto von diesem Schauspiel. Danke, kleiner Leo, für die Unterrichtsstunde in Kameraeinstellungen!
In der Serengeti sind wieder mehr Gäste unterwegs als zuletzt, aber noch weit entfernt von alten Zeiten. Nur, wo wirklich Außergewöhnliches zu sehen ist, treffen sich mehrere Autos. So auch heute am frühen Abend am Seronera Airstrip. Eine Löwenfamilie hatte einen Büffel gerissen, ganz nah bei der Straße, und als wir die Szene erreichen, dürfen bereits die Kleinen futtern, während die älteren Tiere faul im Gras chillen.
Man darf mit den Safarifahrzeugen nicht in zwei Reihen stehen, um die Tiere nicht zu sehr zu stören (Geräuschkulisse!), sondern immer nur ein Auto nach dem anderen am Straßenrand. Etliche Guides scheren sich nicht darum, denn jeder will die beste Position für gute Fotos für seine Gäste. Gute Fotos, gutes Trinkgeld. Es ist fürchterlich.
Wir stehen also geduldig in der Reihe, als ein Auto der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft in die kleine Straße zum Airstrip abbiegt und der total verstopften Straße wegen neben uns zum stehen kommt. Ich erblicke den Direktor höchstpersönlich am Steuer und sehe ihm direkt an, wie sehr er sich über das ärgert, was er sieht. „Hey Rian!“ rufe ich zu ihm herunter. „Ich hab’s Dir doch versprochen, ich habe wieder Gäste gebracht!“ Ich sehe es förmlich rattern in seinem Kopf, wie sollte er sich auch ausgerechnet an mich erinnern, nur, weil wir im Juni 2020 mal länger miteinander geredet haben. Sein Blick wandert zum Lable auf dem Auto, zurück zu mir und dann lächelt er und sagt: „Und was hast Du für ein Glück! Ich wünsche Dir eine wunderbare Reise!“
Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal bin ich unglaublich stolz auf meinen lieben Wilson, der sich respektvoll an alle Regeln hält und uns trotzdem in nur drei Tagen die ganze Serengeti zu Füßen gelegt hat.
Außer Gnus 😉
Aber die, da bin ich sicher, die kommen morgen …



















