„Bist Du heute ein bißchen traurig, dass Du nicht mitkommst?“ frage ich den neunjährigen Laines.
„Nein!“ kommt es wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund. Er strahlt mich an und schüttelt entschieden mit dem Kopf. „Überhaupt nicht!“
Für Lindas Sohn zählt in den nächsten 6 Wochen der Sommerferien nur eines: Mit Papa Trecker und Mähdrescher fahren, am liebsten rund um die Uhr. „Los, komm mit!“ Er zerrt mich aufgeregt die Hofeinfahrt entlang in Richtung Feld. Ein gewaltiges gelbes metallenes Biest hält auf uns zu und zieht eine meterhohe Staubwolke hinter sich her. „Siehst Du, Maren? Neun Meter Auslage, heute mähen wir Raps!“ Ich muss grinsen. In der Küche liegt sein Zeugnis. Sachkunde 1, Mathe 2, Kunst 3. Das ist mein Laini. „Sie mussten eine Rapunzel im Kleidchen basteln!“ kommentiert Linda die Zensur und feixt: „Ich kann’s ihm nicht verdenken.“
Der Abend geht ins Land und gegen Mitternacht brechen wir auf. Ohne Laines. Auch ohne Andreas, der später im Jahr noch mit seiner Frau segeln will, dafür komplettiert eine Freundin von Linda unsere Runde. „Eine Woche auf einem so kleinen Boot mit einem Menschen, den Du überhaupt nicht kennst? Findest Du das nicht ein bißchen gewagt?“ fragten mich skeptische Freunde vorab. Solche Gedanken sind mir ja grundsätzlich artfremd und als Reiseleiterin komme ich sowieso mit jedem klar. „Ich bin da tiefenentspannt. Und außerdem – wenn Linda sie mag, dann mag ich sie auch.“
Natürlich haben wir fünf uns hier in kürzester Zeit zusammengefunden, denn nur gemeinsam geht es: Ein Segelboot zu führen, das nötigt bei aller chilliger Gelassenheit jedem an Bord eine gewisse Konzentration ab. Manöver zu segeln ist Teamwork, aber auch Ordnung in der Küche und dem generell begrenzten Raum zu halten funktioniert nur, wenn alle mitziehen. Da ich (natürlich) meine Einkaufsliste vom Oktober noch zur Hand habe und damals mit entsprechenden Notizen versehen hatte, ist der Einkauf diesmal schnell erledigt. Die Griechen nehmen es sehr genau mit den Coronaregeln. Wir dürfen den Supermarkt erst betreten, als drei andere ihn verlassen. Begrenzte Personenanzahl im Geschäft. Und da denken wir Deutschen in unserem oft so seltsamen Selbstverständnis immer, wir hätten die Gewissenhaftigkeit mit Löffeln gefressen, und die Südländer hätten diesbezüglich eher nichts im Griff. Tja, so kann man sich täuschen. Dergleichen ist mir in Hameln und Hannover zumindest bisher nicht passiert.
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